Neuron-spezifische Enolase (NSE)
Das glykolytische Enzym Enolase (2‐Phospho‐D‐Glycerathydrolase, EC 4.2.1.11, Molekulargewicht ca. 80 kDa) kommt in verschiedenen dimeren Isoformen vor, die aus den drei immunologisch unterschiedlichen Untereinheiten α, β und γ bestehen. Die α‐Untereinheit der Enolase kommt bei Säugern in zahlreichen Gewebetypen vor, während sich die β‐Untereinheit vorwiegend im Herz und in der quergestreiften Muskulatur befindet. Die Enolase-Isoformen αγ und γγ, die als Neuron-spezifische Enolase (NSE) oder γ‐Enolase bezeichnet werden, sind vor allem in Neuronen und neuroendokrinen Zellen sowie in daraus entstandenen Tumoren in hohen Konzentrationen nachweisbar.
Bronchialkarzinom: NSE wird als Marker der Wahl bei der Verlaufskontrolle des kleinzelligen Bronchialkarzinoms beschrieben; für nicht-kleinzellige Bronchialkarzinome ist CYFRA 21‐1 der NSE überlegen.
Beim kleinzelligen Bronchialkarzinom werden Konzentrationserhöhungen der NSE in 60‐81 % der Fälle gefunden.
Für NSE besteht keine Korrelation zum Metastasenort oder zu Hirnmetastasen, aber eine gute Korrelation zum klinischen Stadium, d. h. zum Ausmaß der Erkrankung.
Im Verlauf einer Chemotherapie kommt es bei Ansprechen infolge Zytolyse der Tumorzellen 24‐72 Stunden nach dem ersten Therapiezyklus zu einem temporären NSE‐Anstieg. Danach erfolgt ein rasches Absinken (prätherapeutisch erhöhter) Serumwerte innerhalb einer Woche bzw. am Ende des ersten Therapiezyklus. Dagegen weisen Therapieversager konstant erhöhte oder nicht in den Referenzbereich abfallende Konzentrationen auf. In der Remission finden sich bei 80‐96 % der Patienten normale NSE‐Werte. Bei einem Rezidiv hingegen findet man ansteigende NSE-Werte. Der Anstieg erfolgt bei einigen Fällen mit einer Vorlaufzeit von 1‐4 Monaten, oft exponentiell (mit einer Verdopplungszeit von 10‐94 Tagen) und in Korrelation zur Überlebensdauer. NSE ist als alleiniger prognostischer Faktor und Aktivitätsmarker während der Behandlung und Verlaufskontrolle beim kleinzelligen Bronchialkarzinom geeignet: diagnostische Sensitivität 93 %, positiver prädiktiver Wert 92 %.
Neuroblastom: NSE-Serumwerte über 30 ng/mL werden bei 62 % der erkrankten Kinder gefunden. Die Medianwerte steigen stadienabhängig an. Es besteht eine signifikante Korrelation zwischen der Höhe und Häufigkeit pathologischer NSE‐Werte und dem Stadium sowie umgekehrt zum krankheitsfreien Überleben.
Apudom: Bei 34 % der Fälle werden erhöhte NSE‐Werte (> 12.5 ng/mL) im Serum gefunden.
Seminom: 68‐73 % der Patienten zeigen eine klinisch bedeutsame NSE‐Erhöhung. Es besteht eine brauchbare Korrelation zum klinischen Verlauf.
Andere Tumoren: Bei 22 % der nicht-pulmonalen malignen Erkrankungen sind die Werte größer als 25 ng/mL (Karzinome aller Stadien). Gehirntumoren wie Gliome, Meningiome, Neurofibrome und Neurinome gehen nur gelegentlich mit erhöhten Serum-Werten einher. Im Liquor cerebrospinalis können erhöhte NSE‐Werte bei primären Hirntumoren oder Hirnmetastasen sowie beim malignen Melanom und Phäochromozytom auftreten. Erhöhte NSE‐Konzentrationen sind bei 14 % der organbegrenzten und bei 46 % der metastasierenden Nierenkarzinome beschrieben, mit Korrelation zum Grading als unabhängiger Prognosefaktor.
Benigne Erkrankungen: Erhöhte NSE‐Serumkonzentrationen (> 12 ng/mL) werden bei Patienten mit gutartigen Lungenerkrankungen und zerebralen Erkrankungen gefunden, und zwar vorwiegend im Liquor bei zerebrovaskulärer Meningitis, Encephalitis disseminata, spinozerebellärer Degeneration, Hirnischämie, Hirninfarkt, intrazerebralen Hämatomen, Subarachnoidal-Blutung, Kopfverletzungen, entzündlichen Hirnerkrankungen, organischen Epilepsien, Schizophrenie und Jakob‐Creutzfeld-Erkrankung.
Laborwerte rechner. Einheitenumrechner SI-konventionell / konventionell-SI.
Umrechnung Neuron-spezifische Enolase (NSE) von / in ng/mL, ng/dL, ng/100mL, ng%, ng/L, µg/L. Faktoren zur umrechnung von konventionellen Einheiten in SI-Einheiten. Neuron-spezifische Enolase (NSE) umrechnungstabellen.